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Profis 28.02.2022 - 12:00 Uhr

Siegtorschütze beim Klopp-Debüt

Mit seinem Treffer im ersten Spiel von Jürgen Klopp als Mainzer Trainer vor 21 Jahren stellte Christof Babatz die Weichen für den weiteren Weg der 05ER

Das sind die faszinierenden Geschichten, die der Sport immer wieder liefert: Ein Trainer wird gefeuert, ein Spieler, der wenige Tage zuvor mit seinem Team noch kläglich baden geht, übernimmt den Job und haucht einem kriselnden Klub neues Leben ein. Jürgen Klopp hat den 1. FSV Mainz 05 bei seinem Trainer-Debüt am Aschermittwoch des Jahres 2001 wieder konkurrenzfähig gemacht im Abstiegskampf der Zweiten Liga und einen kaum für möglich gehaltenen 1:0-Sieg gegen das damalige Spitzenteam des MSV Duisburg eingefahren. Umjubelter Siegtorschütze in diesem heißen Match an jenem bitterkalten Februar-Abend heute vor genau 21 Jahren war Christof Babatz, inzwischen Chef der 05-Fußballschule und aktuell Co-Trainer der U19 in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest.

Wolfgang Frank als Impulsgeber

Ohne einen Sieg in jenem Nachholspiel wären die Überlebenschancen nicht sonderlich groß gewesen. Entsprechend groß war die Anspannung bei allen Beteiligten. Zwei Stunden später entlud sich alles in einer grandiosen Party. Teil eins der Rettungsmission war geschafft, eine leblose Mannschaft wieder auferstanden. "Es war unsere letzte Chance, das hat uns zusammengeschweißt", erzählte Jürgen Kramny damals nach der Partie. "Wir haben uns in diesen zwei Tagen zusammengerauft, und das ist leicht, wenn man eine klare Linie hat." Jeder habe auf dem Platz wieder klare Vorgaben gehabt. "Kloppo hat noch einmal ein paar alte Texte von Wolfgang Frank ausgekramt, da stand alles drauf, das ist uns ja damals eingetrichtert worden, das konnten wir auch jetzt noch mal abrufen", so Kramny.  Eine Einheit auf dem Trainingsplatz, etwas Theorie mit den vergilbten Folien und schon saßen die Lauf- und Verschiebewege wieder. Und dadurch sei die Überzeugung zurückgekommen.

Es war wie früher im Abstiegskampf am Bruchweg. Das Publikum stand auf den Rängen und schrie aus vollem Hals, auf der Tribüne feierten die Fans mit den Spielern, unten am Rasen wurde Klopp von den Verantwortlichen fast erdrückt. Die Mainzer hatten den Abstiegskampf endlich angenommen, feierten mit diesem 1:0 den ersten Sieg seit drei Monaten. Es war wieder Leben drin. Und das alles dank klopp, der es geschafft hatte, in kurzer Zeit den Hebel umzulegen. Mit klassischem 4-4-2 und der richtigen Ansprache hatte hat er seine Ex-Kollegen erreicht, die sich für ihren alten Kumpel zerrissen und diesen wichtigen Erfolg schafften. Die Depression war weg, die Mainzer waren wieder im Geschäft.

Der neue Trainer und sein Siegtorschütze: Klopp & Babatz nach dem 1:0 gegen Duisburg. (Foto: Bernd Eßling)

Babatz: "So einfach ist das manchmal"

Klopp hatte bei seinem Trainerdebüt zunächst auf bewährte Kräfte gesetzt: Christian Hock auf Linksaußen, Robert Nikolic übernahm Klopps Position in der hinteren Viererkette. Kramny spielte überraschend mit Sandro Schwarz im zentralen Mittelfeld, Babatz ging nach rechts. Der Plan war, mehr Ruhe ins Mittelfeld zu bringen. Kramny beherrschte das Zentrum lange Zeit mit Ballsicherheit, Dynamik, Zweikampfstärke und abgeklärter Routine neben dem wie aufgedreht rennenden, grätschenden und überlegt passenden Schwarz.

Und der nach rechts raus gerückte Babatz schoss das Siegtor, ein Traumtor: "Ich habe auf den Ball spekuliert und gehofft, Thurki würde weiterleiten", erzählt der Siegtorschütze heute. "Dann habe ich das Ding voll getroffen, mit etwas Glück hat es im Netz gezappelt. So einfach ist das manchmal. Wir hatten ein Wechselspiel geplant," erklärte Babatz das Zusammenwirken mit Kramny. "Ich sollte dabei etwas offensiver spielen, ich denke, das hat ordentlich funktioniert. Dass wir in Anführungszeichen keinen richtigen Trainer haben, hat uns noch enger zusammenrücken lassen. Jeder ist für den Anderen gerannt", so der heute 47-Jährige. Entscheidend sei der Neubeginn gewesen mit drei Punkten. Und die Mannschaft brachte mit der kämpferischen Spielweise die Zuschauer wieder hinter sich. Eine Herangehensweise, die in Mainz auch 21 Jahre danach noch hochaktuell ist. 

Damals 26 Jahre jung: Christof Babatz. (Foto: Bernd Eßling)

Alles richtig gemacht beim Debüt

Klopp machte bei seinem Debüt als Trainer des Zweitligisten alles richtig. Anschließend bewies der vom Spieler zum Cheftrainer beförderte 33-Jährige erstmals, dass er sich auch auf dem glatten Medienparkett behaupten konnte. Der gebürtige Schwabe legte gleich einen starken Auftritt hin, bezog sich in seinem Statement auf einen Presse-Kommentar, der den 05-Profis vorgehalten hatte, sie müssten es nun halt selbst regeln, wenn sie es mit ihren Trainern nicht packten. "Mein Auftritt hier ist als gerechte Strafe bezeichnet worden", sagte Klopp. Das sei es auch gewesen. Seine Analyse sollte eine Ohrfeige für seine Vorgänger sein "Ich bleibe dabei, diese Mannschaft ist nicht untrainierbar. Sie braucht nur eine klare Linie." Wenn man wisse, wovon man rede, was genau man spielen wolle, sei es nicht zu schwer, der Mannschaft das auch zu erklären, die Spieler könnten das umsetzen. "Wenn du ballorientiert im Raum spielen willst, musst du das auch trainieren", sagte er.

Nach diesem 1:0 am 23. Spieltag stand Mainz 05 bei 22 Punkten auf dem ersten Abstiegsplatz mit zwei Zählern Rückstand auf die Rettungszone und den SSV Ulm auf Platz 14. Drei Tage später empfingen Klopp und sein Team den Chemnitzer FC. Es war Babatz, der Siegtorschütze aus dem MSV-Spiel, der mit seinem Treffer zum 1:0 auch in dieser Begegnung die Weichen stellte. Die Mainzer gewannen 3:1. "Unfassbar, wo wir danach noch Punkte geholt haben", erinnert sich der Mann, der gut drei Jahre später auch das erste Bundesliga-Tor für den FSV erzielen sollte. Dem Erfolg gegen die Sachsen folgte ein Remis in Saarbrücken, Siege gegen Osnabrück, in Ulm und gegen Oberhausen. Spätestens nach dem 4:2-Erfolg in Hannover war klar, dass Klopps Mission Klassenverbleib gelungen war. "Der Rest ist Geschichte", wie Babatz sagt.