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  • Jan Kirchhoff Abschied Bruchwegstadion St. Pauli

Profis 19.02.2025 - 19:05 Uhr

"Ein geschichtsträchtiger Ort, der sich nach Heimat anfühlt"

Erstmals seit fast 14 Jahren empfangen die 05ER am Wochenende den FC St. Pauli, das letzte Aufeinandertreffen in Mainz wurde einst zur hochemotionalen Angelegenheit - Jan Kirchhoff erinnert sich

"Alla 'dschee Schmuckkästche": Choreo anlässlich des Bruchweg-Abschieds, der bis heute ein besonderes Flair ausstrahlt.

Weißt du noch, wie du den 14. Mai 2011 verbracht hast? Tausenden 05-Fans dürfte die richtige Antwort wohl nicht ad hoc ein-, bei einem Großteil von ihnen aber dennoch gleich ausfallen. Das letzte Mal am ausverkauften Bruchweg, am Ende der bislang besten Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte. Ein Abschied, der standesgemäß hochemotional ausfiel und Gänsehaut bereitete, wenngleich das Ergebnis ausnahmsweise völlig nebensächlich war. Am Wochenende kommt es erstmals in Mainz zum Wiedersehen mit dem damals bereits als Absteiger feststehenden FC St. Pauli, der nach Toren von André Schürrle und Sami Allagui mit 2:1 bezwungen wurde. Jan Kirchhoff erlebte diese letzten 90 Minuten als damals 20-jähriges Talent aus dem eigenen Nachwuchs auf dem Rasen. Heute steht er im Bruchwegstadion als U19-Cheftrainer an der Seitenlinie und spricht stolz über Vergangenheit und Gegenwart.

"Für mich persönlich war es in vielerlei Hinsicht besonders. Ich stand in der Startelf, durfte am Bruchweg einlaufen, wovon ich die Jahre zuvor natürlich geträumt hatte", erzählt der heute 34-Jährige, der 2007 von Eintracht Frankfurt zum FSV gewechselt war. "Es war zudem die allerletzte Chance, hier Bundesliga-Luft zu schnuppern und alles in allem ein gebührender Abschied für Verein, Fans und Mannschaft unter besonderen Rahmenbedingungen." Bereits eine Woche zuvor hatten sich die Mainzer dank eines 3:1 auf Schalke Platz fünf und damit die Europapokal-Teilnahme gesichert, so dass der überschaubare Auftritt gegen die Hamburger weniger schwer ins Gewicht fiel. Zumal nach 34 Spieltagen unter dem Strich 58 Zähler auf dem Konto standen. "Wir sind damals als die Mannschaft in einen Flow gekommen. Mir hat es unfassbar viel Spaß gemacht, mit dieser Gruppe zu spielen oder zu trainieren. Der Glaube an die eigene Stärke ist von Spieltag zu Spieltag gewachsen. Etwas, das kann man aktuell schon auch beobachten kann bei unseren Profis, die eine richtig starke Saison spielen", so der Ex-Profi. Zum Vergleich: Seinerzeit waren es für das von Thomas Tuchel trainierte Team nach 22 Spieltagen 37 Zähler gewesen, 2024/25 sind es zum gleichen Saisonzeitpunkt deren 35.

Zweieinhalb Minuten Gänsehaut

05ER.TV

"Alla 'dschee Schmuckkästche"

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Vom Ursprung des Spiels auf die große Bühne

Dass der FSV sich eine solche Ausgangssituation erarbeitet hat und mittlerweile seit 2009 ununterbrochen im Oberhaus vertreten ist, beeindruckt den heutigen Jugendtrainer, der betont, wie wichtig es ist, dass die 05ER ihre Identität bewahrt und an der Philosophie, Talentschmiede zu sein, festgehalten haben. "Der gesamte Verein hat viele Entwicklungsschritte genommen, sich ganz oben etabliert . Und dennoch wurde die Besonderheit gewahrt im neuen Setting des großen Stadions", so Kirchhoff, der selbst noch zwei Saisons als 05-Profi in der heutigen MEWA ARENA auflief. "Es war aufregend, neu, besonders. Ich kann mich an das Saisoneröffnungsspiel erinnern. Der Bruchweg hatte und hat einen unfassbaren Charme, der sich bis heute so richtig nach dem Ursprung des Spiels anfühlt. In der Arena war es dann die große Bühne, hat sich noch mehr nach Bundesliga-Fußball angefühlt. Es ist inzwischen Normalität geworden, was ich aber positiv meine. Es ist beeindruckend, weil Mainz 05 sich nicht mehr verstecken muss. Der Verein wächst, verbessert sich kontinuierlich, dafür ist das Stadion auch ein Symbol."

Heimat: Als Nachwuchsspieler, Profi & Trainer hat Jan Kirchhoff das Bruchwegstadion erleben dürfen.

Kirchhoff selbst trägt seinen Teil zur Entwicklung des Vereins seit dem Februar letzten Jahres als Ausbilder der U19-Talente bei, die am Samstag (12 Uhr) an Spieltag vier der Hauptrunde der U19 DFB-Nachwuchsliga im Bruchwegstadion auf Borussia Dortmund treffen: "Wir arbeiten und trainieren jeden Tag hier und tragen mit den Mannschaften aus dem Leistungsbereich unsere Heimspiele hier aus. Das wird sicherlich auch immer so bleiben. Es ist einfach ein sehr geschichtsträchtiger Ort, der sich nach Heimat anfühlt", findet der deutsche U19-Meister von 2009. Damals war neben ihm gleich reihenweise weiteren Spielern aus dem Team der Sprung in den Profi-Fußball gelungen. Kein Zufall, wie er weiß, und ein schlagendes Argument für die Ausbildung beim FSV. "Jeder junge Fußballer träumt von der Bundesliga. Unser Vorteil ist, dass wir das nicht nur als Ziel aussprechen, sondern es leben. Regelmäßig stehen fünf oder sechs hier ausgebildete Jungs in der Startelf. Das ist ein Faustpfand, diese greifbaren Beispiele zu haben. Sie zeigen den möglichen Weg intern wie auch extern auf." 

Kirchhoff selbst wird der Weg am Samstag im Übrigen - nach getaner Arbeit mit seiner U19 - wie so oft vom Bruchweg am Uni-Campus vorbei ins Bretzenheimer Feld führen. Daumen drücken gegen St. Pauli in der MEWA ARENA, der größeren zweier geschichtsträchtiger Bühnen. Für ihn persönlich auch immer wieder ein Pendeln zwischen zwei wohlbekannten Welten, in denen für ihn als Jungprofi einst alles begann.