News [Fußball] 22.07.2014 - 10:35 Uhr
Kernkompetenz in der Entwicklung
Christian Heidel lobt Trainer Kasper Hjulmand und dessen Vorgänger Thomas Tuchel
Die Bundesliga. Für den 1 FSV Mainz 05 ist sie vor der neunten Saison, der sechsten in Serie, irgendwie fast schon zum Gewohnheitsrecht geworden. Doch der Kampf der kleineren Vereine mit einem Lizenzspielerbudget bis zu 25 Millionen Euro um den Ligaverbleib hat sich in den vergangenen Jahren verschärft, auch wenn die Nullfünfer dies kaum gespürt haben, weil sie sich diese Sorgen in den vergangenen Jahren sportlich fein vom Leib gehalten haben. Die Bundesliga boomt, sie hat sportlich zugelegt, der deutsche WM-Titel steigert die Attraktivität der Liga noch. Und auch wirtschaftlich stocken die Konkurrenten auf, was auch am gestiegenen strategischen Interesse von Wirtschaftskonzernen und einzelner Mäzene liegt. Die Luft wird dünner für die kleinen Klubs der Liga.
Dabei haben die anstehenden Auftritte in der Europa League bei Christian Heidel den Blick für die wesentlichen Ziele seines Vereins nicht vernebelt. Bei der Frage, ob die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb für den neuen Trainer Kasper Hjulmand eine Messlatte sein könnte, sah sich der Manager des 1. FSV Mainz 05 zu einem grundsätzlicheren Statement genötigt. „Nein. Für uns ist es immer wichtig in der Bundesliga zu bleiben, das ist die Basis. Unsere weiteren Ziele definieren wir nicht über Tabellenplätze“, sagt Heidel. „Der Überbegriff über dem Rest heißt Entwicklung.“
Balance halten
Entwicklung bedeutet zunächst natürlich die Entwicklung von Spielern. Die Entwicklung von jungen, günstigen Spielern, zu Spielern mit einem gesteigerten Marktwert ist eine Kernkompetenz des 1. FSV Mainz 05 in den vergangenen Jahren. Adam Szalai und André Schürrle sind die bekanntesten Beispiele. Aber Entwicklung bedeutet für den Verein darüber hinaus auch die Fortschreibung der Balance zwischen dem sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg, zwischen sportlichen und wirtschaftlichen Werten, die jeder Spieler für den Verein darstellt.
„Mainz 05 kann bei seinen Transfers nicht nur auf den kurzfristigen Erfolg schauen. Wir müssen aufgrund unserer begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten unsere Planungen immer über das Saisonende hinaus führen und schon immer an das nächste Jahr denken. Wir können es uns nicht leisten, am Saisonende eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen zu müssen,“ sagt Heidel, der darüber hinaus betont: „Wir finanzieren die Entwicklung der Mannschaft und des Vereins ausschließlich aus der sportlichen Leistung, darin unterscheiden wir uns von anderen Klubs, die beispielsweise dafür Autos oder Brause verkaufen müssen.“ Diese Konkurrenten leben auf erheblich größerem Fuß und mit deutlich geringerem Risiko, da sie wesentlich unabhängiger vom sportlichen Erfolg sind. „Es gibt diese Entwicklung. Sie ist legitim, aber ich finde sie persönlich, für den Fußball und für Mainz 05 nicht gut“, sagt Heidel.
Den eigenen Abwägungsprozess zwischen sportlichen und wirtschaftlichen Kriterien bei der Kaderentwicklung erläutert der Manager an einem Beispiel: „Nehmen wir mal Shawn Parker. Der Junge hat wirklich Talent, aber in den vergangenen zwei Jahren bei uns nicht den Durchbruch geschafft. Wenn ich jetzt für diesen Spieler jetzt einen sehr guten wirtschaftlichen Gegenwert erhalte, den ich vielleicht nicht mehr bekomme, wenn er bei uns ein weiteres Jahr nicht regelmäßig spielt, dann macht ein solcher Wechsel für uns Sinn.“ Das erwirtschaftete Geld steht wiederum für Investitionen zur Weiterentwicklung der Mannschaft zur Verfügung.
Verständnis der Trainer
Ganz entscheidend ist an dieser Stelle für den Manager, dass der Trainer diesen Weg mitgeht, dass er Verständnis aufbringt, wenn der Verein zu Gunsten einer Perspektive auch mal auf den kurzfristigen Erfolg verzichtet. „Thomas Tuchel hat dies immer getan. Ihm haben wir sehr viel zu verdanken, er hat bei uns herausragende Arbeit geleistet und die erfolgreichste Zeit des Vereins geprägt“, sagt Heidel. „Und bei Kasper Hjulmand hatte ich sofort das Gefühl, dass dies auch genau der Weg ist, den er mit uns gehen möchte. Mein Eindruck ist ohnehin, auch was ich als Stimmung aus dem Kader aufnehme, dass es für uns mit Kasper sehr gut passt. Wir hätten der Mannschaft jetzt auch keinen Trainer präsentieren können, der nicht ähnlich akribisch und detailliert arbeitet. Die Mannschaft merkt, dass hier Arbeit mit Qualität geleistet wird, diese Qualität aber auch umgekehrt eingefordert wird.“
Beim Kampf um den Dänen hatte Heidel denn auch alles auf eine Karte gesetzt. „Wir sind in der Hoffnung auf seine positive Entscheidung zeitlich betrachtet auch ein wenig ins Risiko gegangen, weil wir keinen Plan B verfolgt haben. Aber das war es wert“, sagt Heidel. „Der Trainer ist für mich die wichtigste Position. Ein guter Trainer kann mit einer durchschnittlichen Mannschaft mehr Erfolg haben, als ein schlechter Trainer mit einer guten Mannschaft.“ Und er kann Spieler und Mannschaften entwickeln und somit das Rädchen der Nullfünfer in der Bundesliga am Laufen halten.