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Profis 27.12.2021 - 15:00 Uhr

Kleiner Kader - großes Vertrauen

Heidel: Den Weg weitergehen und den Verein auf ganz sichere Füße stellen

Der sportliche Abschluss dieses an Highlights reichen Fußballjahres wird in der Geschichte des 1. FSV Mainz 05 wohl kein großes Kapitel abbilden. Die 0:1-Niederlage bei Eintracht Frankfurt gehörte zu den nicht so gelungenen Vorstellungen der Mannschaft von Bo Svensson seit dessen Amtsübernahme als 05-Trainer. Angesichts der insgesamt 57 Bundesliga-Punkte, die das Team 2021 einsammelte, war der Verlust jedoch ein verschmerzbarer Ausrutscher, der das Gesamtbild nur unwesentlich trübte. Darin waren sich Trainer und Sportvorstand in der Jahresabschluss-Presserunde einig. 

Christian Heidel und Bo Svensson rückten im Medien-Gespräch eine andere Leistung aber noch stärker in den Vordergrund als die reinen Zahlen. Der Klub habe erreicht, Mainz 05 wieder stark in das Bewusstsein und das Interesse der Öffentlichkeit zu befördern. Die letzten 36 Pflichtspiele, die Mainz 05 im Jahr 2021 unter Svensson als Coach bestritten hat, waren derart reich an herausragenden Momenten, an begeisternden Spielen, spannenden Entscheidungen, dass ein neues 05-Gefühl entstanden ist, welches seinen Höhepunkt erlebte an jenem Tag im Mai, an dem klar war, dass die 05ER der Liga erhalten bleiben. "Ich habe gemerkt, dass sehr viele Menschen in Mainz glücklich waren, weil wir dringeblieben sind und das Außergewöhnliche geschafft hatten", sagte Heidel rückblickend. 

Damit habe der Verein eines der Hauptziele erreicht, das sich die neuen Verantwortlichen rund um den Jahreswechsel 20/21 gesetzt hatten: Die Fans wieder zu begeistern, die Mainzerinnen und Mainzer wieder an den Klub zu binden. "Im Januar war unser Gefühl, dass wir die Menschen etwas verloren hatten. Und jetzt haben alle den Daumen hochgehalten."

Auch der 05-Trainer betonte im Rückblick, dass es ihm weniger um einzelne Spiele als um ein bestimmtes Gefühl gehe, das wohl das Heimspiel gegen RB Leipzig zum Einstieg in die neue Saison am besten verkörperte. "Es war unser erstes Spiel mit Zuschauern und es fand in einer besonderen Konstellation statt", verwies der Däne auf die Corona-Quarantäne, in der sich viele Stammspieler und auch einige Mitglieder des Trainerstabs befanden.

Bereits vor dem Saisonauftaktspiel gegen RB Leipzig herrschte auf den Rängen der MEWA ARENA eine ganz besondere Atmosphäre.

Verein ist zusammengerückt

"Wir mussten alle so brutal zusammenhalten, und ich habe wieder gespürt, was wir zu leisten in der Lage sind, wenn wir vorleben, was uns ausmacht", sagte Svensson. Ohne die Fans im Stadion, die das dezimierte Team bedingungslos anfeuerten, sei der 1:0-Erfolg nicht möglich gewesen, betonte der Trainer.  "Es waren nur 10.500, aber die sorgten für eine Stimmung, wie ich sie in meiner Karriere kaum erlebt habe. Da hat man gemerkt, dass dieser Verein wieder zusammengerückt ist. Nicht nur Spieler, Trainer und Verantwortliche, sondern die ganze Kulisse mit den Fans. Dass sich viele Menschen um den Verein kümmern, die gerne ins Stadion kommen und unsere Jungs unterstützen."

Zusammenhalt und Vertrauen. Darin liegt auch die Tatsache begründet, dass der Bundesligist in diesem Winter keine personellen Veränderungen plant. "Es ist bewusst gewählt, den Kader kleiner zu machen als letztes Jahr, weil wir Vertrauen haben in die Jungs, die wir hier haben. Und dass ich ein Fan bin von einem eher kleineren Kader, ist ganz klar", erklärte der 05-Trainer. "Wir wollen vermeiden, dass Spieler das Gefühl haben, dass sie keine Rolle hier spielen. Im Umkehrschluss ist das eine große Herausforderung, dass die Jungs fit bleiben und sich nicht verletzen. Wir haben ein paar Verletzungen bekommen, die uns weh tun, aber so etwas passiert halt in jeder Saison. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit dem Kader. Man muss im Januar immer die Augen aufhalten, es ist aber ein anderes Fenster als letztes Jahr."

"Den Weg werden wir nicht verlassen"

Svensson: "Die Spieler hier bei uns haben auch gute Leistungen gebracht. Es wäre komisch, wenn wir denen jetzt nicht wieder das Vertrauen schenken würden. Klar, einen Jeremiah St. Juste drei oder vier Monate zu verlieren oder Dominik Kohr, der jetzt länger ausgefallen ist, das tut uns natürlich weh. Dennoch ist das die Richtung und es ist der Weg, den ich selbst als Trainer vorgegangen bin, den ich befürworte." Den werde man nicht verlassen, nur weil jetzt ein paar Spieler ausfielen. "Denn wenn das am Ende bedeutet, dass ein paar junge Spieler bei uns Einsätze kriegen, dann ist das eben auch Mainz 05."

Heidel stimmte seinem Trainer uneingeschränkt zu. "Alles das spricht einfach für einen guten Trainer", so der 58-Jährige. "Ich hatte ein paar gute Trainer in meiner Zeit, und die guten Trainer wollten eigentlich immer einen kleinen Kader, wollten, dass jeder Spieler eine Chance hat zu spielen, weil das die Stimmung verbessert. Das hat was mit Vertrauen in einen kleinen Kader zu tun, in die Qualität. Ich hatte auch schon Trainer, wenn ich denen jetzt gesagt hätte, es gibt die Möglichkeit drei Spieler zu verpflichten, dann habe ich vorher schon gewusst, die Antwort ist ja, und er hätte mir einen Zettel gegeben mit Namen von drei Spielern, die wir noch dazu nehmen, ohne zu überlegen, was passiert dann in einem Kader. Das alles spricht wirklich dafür, dass sich Bo Gedanken darüber macht, was sinnvoll ist. Wenn du mehr Auswahl hast, bedeutet das nicht zeitgleich, dass die Mannschaft besser Fußball spielt, weil das unter Umständen andere Spieler wieder dazu bringt, den Kopf hängen zu lassen. Mit dem kleinen Kader zu arbeiten, birgt ein gewisses Risiko, dessen sind wir uns bewusst, aber im kleinen Kader zu arbeiten, den Jungs großes Vertrauen zu schenken, eine Einheit zu formieren, jeder freut sich aufs Spiel, jeder hat eine Chance, in den Kader reinzukommen, damit bin ich absolut einverstanden. Wir wollen nicht, dass es Phasen gibt, in denen ungefähr 15 Leute nicht im Spieltagskader drin sind", erklärte der Sportvorstand. 

Den Vertrag mit der Liga verlängern

Heidels sportlicher Ausblick auf die Rückrunde, die mit dem Trainingsauftakt am 2. Januar beginnt, "ist eigentlich ganz einfach", sagte er. "Wir wollen diesen Weg, den wir jetzt genau vor einem Jahr begonnen haben, einfach weitergehen." Er sei nicht der Typ, der sage, er wolle soundso viele Punkte und den oder jenen Tabellenplatz. "Es geht jetzt darum, den Verein einfach wieder auf ganz sichere Füße zu stellen, dass es den Leuten hier Spaß macht. Das geht mir vor Tabellenplatz. Klar ist aber auch, wir wollen den Vertrag mit der Bundesliga, und den Spruch mache ich seit Mainz 05 in der Bundesliga ist, also seit 2004 mit kurzer Unterbrechung, wir möchten diesen Vertrag mit der Bundesliga verlängern. Wenn wir den verlängert haben und es gibt unter Umständen noch zwei, drei Spiele, dann wollen wir noch möglichst viele Punkte holen. Das ist das A und O. Deswegen fangen wir jetzt nicht an, in irgendwelchen Träumen zu schwelgen. Das bringt uns nicht einen Punkt mehr. Wir gehen schön nach dem Prinzip so weiter hier.  Unser Ziel wird zunächst immer das Gleiche bleiben und dann sehen wir weiter", erklärte Heidel. "Und das das sind genau meine Wünsche", fügte Bo Svensson noch hinzu.