Svensson: Mit Geschlossenheit durch den "Charaktertest"

Seit dem letzten Bundesliga-Erfolg des 1. FSV Mainz 05 hat sich manches verändert rund um den Bruchweg. Während das 3:1 über den kommenden Gegner Bayern München (Samstag 18.30 Uhr, live auf SKY & 05ER.fm) im April 2023 die zehnte ungeschlagene Begegnung in Serie bedeutete und die Mainzer an den internationalen Plätzen schnupperten, ist die Ausgangslage fast genau sechs Monate später eine völlig andere. Der Rekordmeister hat sich unter dem ehemaligen 05-Trainer stabilisiert und im Sommer weiter verstärkt, die 05ER ihrerseits verpassten den ersten Liga-Sieg der Saison vor der Länderspielpause auch in Mönchengladbach knapp. In der jetzigen Phase gelte es umso mehr zusammenzustehen, fordert deswegen Bo Svensson, der angesichts der derzeitigen Situation einen "Charaktertest" für alle 05ER ausruft. 

Vorfreude auf "Prüfung auf höchstem Niveau"

Zweieinhalb freie Tage gewährte Svensson seinem Team im Anschluss an das Benefizspiel im Ahrtal, bevor die Profis die Trainingswoche am Dienstagnachmittag vor gut 100 Fans mit der einzigen öffentlichen Einheit der Woche einläuteten. Einen guten Eindruck habe die Mannschaft bislang hinterlassen, erklärte der Däne auf der Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag, wohlwissend, dass ein solcher allein im Duell mit dem Tabellendritten nicht zwangsläufig Erfolg garantieren könne. "Du kannst gegen sie dein bestes Spiel machen und trotzdem verlieren. Du hast nicht alles selbst in der Hand. Deswegen liegt der Fokus darauf, was wir leisten müssen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen. Gegen Leverkusen und Gladbach habe ich meine Mannschaft wiedererkannt, auch wenn nicht alles perfekt war. Die Köpfe oben zu behalten und mannschaftlich geschlossen zu bleiben, wird insofern auch gegen Bayern die Marschroute sein." Ein weiterer Ansatz, den er seinen Spielern mit auf den Weg geben wolle, sei, mit Vorfreude in dieses Duell unter Flutlicht vor ausverkauftem Haus zu gehen. Schließlich bedeute es für Mainz 05 nach wie vor ein Privileg, sich mit "den Besten" messen zu dürfen. Und weiter: "Wir müssen an uns glauben bei dieser Prüfung auf höchstem Niveau", so der 44-Jährige, der seiner Mannschaft in den beiden Wochen vor der Länderspielpause einen deutlichen Leistungsaufschwung sowie eine Veränderung im Auftreten attestierte. Schritt für Schritt solle es nun weiter bergauf gehen, um den Lohn der Arbeit einzufahren.

Die Pressekonferenz vor dem Spiel

Geschichte als Wegweiser

Darauf angesprochen, ob die Rückrunde der Saison 2020/21 verbunden mit dem sensationellen Klassenerhalt als Blaupause für die derzeitige Situation dienen können, holte der 05-Trainer weiter aus und erinnerte daran, was den FSV in der Vergangenheit stets ausgezeichnet habe: "Wir müssen nicht nur auf die Erfahrungen aus 2021 zurückgreifen, sondern können auf die Geschichte des Vereins gucken. Wir haben einige schwierige Phasen erleben müssen, auch ich selbst als Spieler. Logisches Denken, zusammenstehen, unsere Stärken in den Vordergrund stellen sind Dinge, auf die es ankommt. Niemand wird uns von null auf hundert bringen. Alle im Verein, Mannschaft, Trainer, Vorstand, Fans – gerade sie brauchen wir extrem – müssen mehr denn je zusammenstehen. In den letzten beiden Jahren war es einfach zu jubeln und sich auf die Schultern zu klopfen. Jetzt kommt der Charaktertest für Jeden. Jetzt zeigt sich, aus welchem Holz man geschnitzt ist. Wenn mal Gegenwind da ist, das haben wir oft bewiesen und wollen es wieder tun, dann ist das der einzige Weg", ist Svensson überzeugt, mit Ruhe und Geschlossenheit in die Erfolgsspur zurückkehren zu können.

"IN DEN LETZTEN BEIDEN JAHREN WAR ES EINFACH ZU JUBELN UND SICH AUF DIE SCHULTERN ZU KLOPFEN"

Zu einem wichtigen Faktor könnte bereits am Wochenende die Erfahrung zweier Routiniers im Kader werden. Zum einen hat der erst Ende September verpflichtete - und zuvor vereinslose - Josuha Guilavogui "im athletischen wie auch spielerischen Bereich Schritte nach vorne gemacht" und sei einer der Startelfkandidaten. Und zum anderen steht Kapitän Silvan Widmer vor seinem Saisondebüt, wenngleich er noch nicht bei 100 Prozent sei, wie Svensson erklärt: "Er trainiert voll mit, wir nehmen keine Rücksicht. Die letzte Woche war für ihn sehr anstrengend, aber er hat die Belastung gut weggesteckt. Das ist positiv, aber er war mehr als vier Monate raus", dämpft der Trainer, bei aller Freude, die Erwartungshaltung. 

Fragezeichen stehen vor dem Duell mit dem Rekordmeister indes hinter Einsätzen von Robin Zentner, Brajan Gruda und Karim Onisiwo, während Jonny Burkardt (Svensson: "Nach einer so langen Zeit von einem konkreten Zeitplan zu sprechen, hat wenig Sinn. Wir drücken ihm die Daumen, vor allem persönlich, aber auch, weil wir wissen, wie sehr er uns helfen kann"), Andreas Hanche-Olsen, Phillipp Mwene sowie Nelson Weiper weiter ausfallen. Wenngleich über die die Startelf angesichts dieser Ausgangslage womöglich erst am Spieltag entschieden werden kann, ist Svensson überzeugt, dass sein Team den Gegner vor Herausforderungen stellen kann: "Wir können nur versuchen, es im Verbund gemeinsam zu meistern. Vielleicht reicht es am Ende nicht, aber wir werden es ihnen, mit unseren Fans im Rücken, so schwer wie möglich machen."