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Engagement 02.02.2022 - 17:30 Uhr

Team Barrierefrei: Hilfe, die ankommt

Ehrenamtliche 05ER kümmern sich vor, während und nach Heimspielen des FSV um Menschen mit Behinderung

Seit über 15 Jahren sind Beate Trautmann und Marko Amon Teil des Teams Barrierefrei. Mehrere Ehrenamtliche kümmern sich an und abseits von Spieltagen um die Belange von FSV- und Gästefans mit Behinderung. Trautmann ist Fanbeauftragte für Menschen mit Behinderung beim 1. FSV Mainz 05, Amon ist ehrenamtlich für blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderung zuständig. Von Hilfestellungen rund um den Ticketkauf über Fahrten zu Tagungen und die Begleitung von Gäste-Fans bis hin zur Organisation von Auswärtsfahrten mit dem FSV - das Aufgabenfeld der beiden ist vielfältig und breit gefächert.

"Das Hauptsächliche ist das Ticketing, dann kann es auch mal sein, dass ich Leute vom Bahnhof mitnehme, ihnen eine Wegbeschreibung gebe oder beim Gang ins Stadion helfe. Wir betreuen die Fans aber auch unter der Woche, wenn irgendwelche Fragen rund um den Verein aufkommen. Wir sind ständig ansprechbar", gibt Amon einen Einblick in die Arbeit des Teams, das er vor vielen Jahren selbst mit aufgebaut hat. 

"Die Arbeit ist wunderschön, vor allen Dingen, weil man Menschen helfen kann", erzählt Trautmann, die 2006 durch einen Kontakt in einem Heim für behinderte Menschen in Hochheim zum FSV kam und wenig später die Stelle der Fanbeauftragten für behinderte Menschen übernahm. "Wir helfen Menschen, die nicht wissen, wie sie an Karten kommen oder auch Kranken, die noch einmal zu einem Spiel gehen möchten - sie kommen dann sofort als erstes dran, weil es morgen schon zu spät sein kann. Es macht einfach Spaß, jemandem eine solche Freude zu bereiten. Wenn Leute sich die Karte nicht leisten können, springt Mainz 05 hilft e.V. ein. Das sind so viele Räder, die ineinandergreifen - das ist sensationell. Wir haben zehn Leute im Team Barrierefrei, die auch alle ehrenamtlich arbeiten – das ist ein super Team."

In der MEWA ARENA hat das Team Barrierefrei einen eigenen Treffpunkt.

Blinden-Leitlinie vom Bus bis ins Stadion

"Zu 05 gehe ich schon seit Ewigkeiten. Irgendwann kam dann Michael Kammerer (Direktor Organisation, Anm. d. Red.) auf mich zu und hat gefragt, ob sich Audiokommentare für Blinde und Sehbehinderte bei uns rentieren würden", lässt Amon seine Anfänge im Verein Revue passieren. "Wir wussten nicht, wie viele im Stadion sind und dachten, wir können es mal ausprobieren. Dann haben wir es für ein halbes Jahr getestet und ab der Hinrunde der Saison 2006/07 offiziell angeboten." Seitdem werden sehbehinderten und blinden Fans zu jedem Heimspiel Übertragungsgeräte samt von Reportern des Südwestrundfunks gesprochenem Audiokommentar zur Verfügung gestellt. 

Die Vorteile kann Amon, selbst sehbehindert, aus eigener Erfahrung wiedergeben: "Davor hatte ich bei Heimspielen immer jemanden dabei, der mir ein bisschen was erklärt hat. Vieles bekommt man auch durch das Publikum mit, aber dann war es mal interessant, die ganzen Abläufe auf dem Spielfeld mitzubekommen, warum gerade jemand schreit, warum gepfiffen wird - die ganze akustische Kulisse im Stadion." Seit 2014 existiert zudem eine Blinden-Leitlinie, die den Weg von der Bushaltestelle bis in den E-Block der MEWA ARENA erleichtern soll.

"Im Bruchwegstadion war es schön, dass Kloppo vor jedem Spiel da war", erinnert sich Amon an zahlreiche Begegnungen mit dem ehemaligen 05-Trainer (r.), der sich regelmäßig Zeit für Autogrammwünsche nahm.

"Viele hatten Tränen in den Augen"

Der Umzug vom Bruchwegstadion in die neue Heimspielstätte der 05ER vor über zehn Jahren brachte noch weitere Vorteile mit sich: "Wir haben jetzt richtige Sitzreihen mit Fußfreiheit, die Rollstuhlfahrer haben ihre festen Plätze auf und nicht vor der Tribüne. Es hat sich schon einiges geändert, wir waren von Anfang an in den Planungen für die MEWA ARENA dabei und konnten unsere Wünsche äußern, die auch zum Großteil umgesetzt wurden", betont Amon, der jedoch gleichzeitig bedauert, dass der Kontakt zwischen Fans mit Behinderung und Mannschaft bedingt durch das größere Stadion weniger intensiv geworden ist. "Im Bruchwegstadion war es schön, dass Kloppo vor jedem Spiel da war – das ist in der neuen Arena leider nicht mehr so. Man ist weiter entfernt, früher waren wir nah am Innenraum und konnten nach dem Spiel auch mal abklatschen. Das ist in der MEWA ARENA nicht mehr so einfach, weil die Behinderten-Plätze aufgrund der Barrierefreiheit auf der Mittelempore sind."

Dazu kommt die Corona-Pandemie, die direkte Begegnungen weiter erschwert. Das wirkt sich auch auf Trautmanns Arbeit aus: "Wir sind mit den Menschen, gerade mit Rollstuhlfahrern, die sonst keine Möglichkeit dazu haben, oft runter in den Spielertunnel gegangen, haben abgeklatscht und Bilder gemacht. Viele hatten Tränen in den Augen, für die Menschen war das ein Erlebnis, die waren hellauf begeistert." Aufgrund von Kontaktbeschränkungen seien solche Treffen aktuell nicht möglich, "wir hoffen aber, dass das bald wieder geht", wünscht sie sich. "Ich hoffe, dass bald wieder alle ins Stadion können, dass das wieder zum Normalzustand wird. Man muss sich jetzt wieder neu erarbeiten, was man vorher schon erreicht hatte", so Trautmann, die sich zudem von der Gesellschaft mehr Kulanz, Akzeptanz und Toleranz gegenüber Menschen mit Behinderung wünscht.

Erinnerungstage 2022

Auch in diesem Jahr planen der 1. FSV Mainz 05, das Bündnis für Erinnerung und Vielfalt und der FC Ente Bagdad anlässlich des Erinnerungstages im deutschen Fußball wieder Aktionen. Rund um das am 5. Februar stattfindende Mainzer Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim soll damit ein Zeichen gegen das Vergessen gesetzt werden. Der Schwerpunkt der diesjährigen Erinnerungswochen liegt auf der Verfolgung und Ermordung von Menschen mit Behinderung in der NS-Zeit, denen besonders gedacht werden soll.